Gastbeitrag: Jugend gegen G20 – Das war’s!

 

Als wir das erste Mal im Dezember 2016 zusammenkamen, ahnten wir nicht einmal was uns bevorsteht. Eigentlich wollten wir nur einmal unter Jugendlichen über G20 reden.
Wir wussten weder, dass wir schon im Februar mit 250 Leuten zusammen im Knust sitzen würden. Noch wussten wir, dass uns wenig später dutzende besetzte Häuser, linke Zentren, Gewerkschaften und Schulen zu ihnen einluden um über uns zu erzählen. Und was daraus geworden ist, davon träumten wir nicht einmal: Im Juli waren wir Tausende auf der Straße. Wir kämpften gemeinsam für mehr als nur bessere Klos in den Schulen, wir kämpften für eine bessere Welt.
Schüler*innen und Student*innen, Antifa Connections, Gewerkschaftler*innen, Pfadfinder*innen, Jugendliche die einfach nur ein Problem mit G20 hatten, … alle schlossen sich zusammen zu Jugend gegen G20. Wir waren viele, wir waren groß, wir waren bundesweit vernetzt. Und wir hatten einen klaren gemeinsamen Standpunkt. Ab Februar trafen wir uns zweimal im Monat beim Jugendrat. Hier verfolgten wir gemeinsam die Entwicklungen zum G20 Gipfel. Am Anfang kannten wir alle uns nicht einmal, doch schon nach ein Paar treffen wurden wir Freund*innen. Wir organisierten uns, verabredeten uns zu Treffen und planten was das Zeug hält. Der Bildungsstreik, die Aktionskonferenzen, das unglaublich viele Basteln, das Flyern vor Schulen, die unzähligen Mobiveranstaltungen, die Partys, unser Aktionstag, die tausenden beantworteten Mails, die inhaltlichen Diskussionen und Workshops, das Plakatieren – all das machte uns zur Jugend gegen G20.

Die Stimme der Jugend

Wir als Jugend arbeiteten nicht nur aus Spaß, oder weil wir alte Leute doof finden zusammen. Wir arbeiteten zusammen, weil wir gemeinsam betroffen sind, von dem was die G20 versuchen zu repräsentieren. Wir sind die, die unter bestimmten Folgen der Politik (wie Jugendarbeitslosigkeit, den Folgen des Klimawandels, und allgemein den Misständen die unserer politisches System hervorruft) auf eine besondere Art betroffen sind. Aber wir sind auch die, die sich trauen dem Etwas entgegenzustellen. Die, die sich nicht mit dem Existierenden zufrieden geben. Die, die für eine solidarische und gerechte Welt kämpfen. Frei von Konkurrenz, Leistungsdruck und Diskriminierung. Abseits vom Kapitalismus. Von allen Seiten wurde uns gesagt “Ihr seid noch so jung, naiv und so unerfahren” und “Wenn ihr erstmal Erwachsen seid, versteht ihr warum es nur so geht wie es gerade ist.”. Wir sind da anderer Meinung. Die Spielregeln gelten nur den Spieler*Innen, die sie akzeptieren. Sie zu verändern kann manchmal schwer sein, ist aber möglich – und auch dringend notwendig wenn wir uns unsere Welt mal ansehen.

Die Woche der Zukunft

Die #NoG20 Protestwoche begann für uns am Dienstag. Wir verabredeten uns zum letzten Jugendrat vorm G20 Gipfel. Höchste Zeit für letzte Absprachen, wann und wo wir uns für die Demos Treffen und um schonmal unsere angereisten Freund*innen zu begrüßen – Doch dann kam alles anders. Nachdem die Polizei die Durchführung beider Camps mit allen möglichen Mitteln versuchte zu verhindern, drehte sich auf einmal alles um unsere Versammlungsfreiheit. Auch wir als Jugend gegen G20 wollten Donnerstag anfangen zu campen. Wir entschlossen uns kurzerhand in das Volksparkcamp zu fahren und unseren Jugendrat aus Protest dort zu machen. Als wir nach einer nervigen Polizeikontrolle und 40 Minuten fahrt endlich dort angekommen sind, war uns eins klar: Yes we camp! Der gemeinsame politische Druck durch alle möglichen Aktionen und Solidaritätsbekundungen hatte gewirkt. Wenn wir es schafften mit 100 Leuten einfach so zum Camp zu fahren, dann schaffen es die anderen auch! Die Zeit der Vorbereitung, Mobilisierung und Empörung über irgendwelche Verbote war Vorbei. Am Ende entschied die Straße (oder im Falle des Camps: die Wiese).
Wir könnten jetzt weiter in der Protestwoche alle Aktionen chronologisch aus unserem Blickwinkel darstellen. Doch wir finden, dass es das in der letzten Zeit schon oft genug gab. Und ohnehin waren wir viel zu viele und viel zu verschieden, um hier alles vollständig darzustellen und zu bewerten. Für uns jedoch, hatten alle Aktionen etwas gemeinsam. Es war diese ominöse gemeinsame Klammer, über die so viel im Vorfeld gesprochen wurde. Und egal ob wir sie jetzt #HamburgCityStrike, #NoG20 oder anders nannten, sie war da. Man konnte die Hitze der Tage förmilich in der Luft spüren. Alle Menschen waren auf der Straße. Sie demonstrierten, connecteten sich zu Aktionen, waren spontan und widerspenstig, achteten aufeinander und zeigten sich solidarisch, teilten ihr Essen und ihre Wohnungen. Wir waren so viele, die für eine bessere Welt eintraten, dass sie scheinbar in greifbare Nähe gerückt war. Wenn auch nur für ein paar Tage. Die Stimmung des Aufbruchs war da, und die Jugend mittendrin.

Bildungsstreik gegen G20

Nachdem wir an den Vortagen verschiedene JugendDiksussionen und Workshops hatten, riefen wir am Freitag als Jugend gegen G20 zu einem Bildungsstreik auf. Viele von uns sind Schüler*innen, Student*innen und Azubi’s und wollten auch gegen G20 aktiv werden. Wir dachten “Wenn nicht auf einem Bildungsstreik, wo sonst?”. Schon von Anfang an war uns klar, dass das keine einfache Aufgabe wird. Das hat sich im Laufe der Vorbereitung auch direkt gezeigt. Mit unterschiedlichen Strategien hat die Schulbehörde Eltern, Schüler*innen und Lehrer*innen unter Druck gesetzt, damit wir nicht unsere demokratischen Rechte wahrnehmen und unseren Protest auf die Straße tragen können. Aber das hat nicht funktioniert. Trotzdem waren wir alle am Start! Die nächsten Schwierigkeiten gab es mit der Anmeldung der Demonstrationsroute. Von dem “Fest der Demokratie” über das Olaf Scholz im Vorfeld des G20 Gipfels sprach, war weit und breit nichts zu sehen. In der “blauen Zone”, die quasi die komplette Innenstadt betraf, waren Demonstrationen nicht erlaubt. Wir mussten uns mit einer Route zufriedenstellen die am Hafen, außerhalb der blauen Zone, verlief. Obwohl wir doch bildungspolitische Forderungen und Kritik an der Politik haben und diese direkt am Rathaus deutlich machen wollten um danach an der Uni Hamburg die Demonstration beenden zu können. Trotz all dieser Schwierigkeiten war der Bildungsstreik mit rund 2000 Menschen auf der Straße ein riesen Erfolg und hat gut in den Aktionstag mit zahlreichen Aktivitäten südlich und nördlich der Elbe gepasst. Die Neoliberale und/oder Nationalistische Krisenverwaltung hat gravierende Auswirkungen auf unsere tagtägliche Lebensrealität. Beispielsweise zwingen uns die Noten in der Schule dazu, an der Konkurrenzgesellschaft teilzunehmen. Gerade deshalb haben wir uns bewusst entschieden, unseren Alltag aus den Bildungseinrichtungen hinaus in die Weltpolitik zu tragen, weil dies der Ort ist um ihn zu verändern. Es ist uns beim Bildungsstreik gelungen unsere spezifischen Alltagskämpfe mit dem Kampf gegen ein globales Weltwirtschaftssystem zu verbinden. Wir haben uns sehr darüber gefreut, dass auch Andere, die zurzeit nicht in Bildungsinstitutionen sind an der Demonstration teilgenommen haben und das auch die anderen Aktionen, die an diesem Tag stattfanden einen Raum in unserem Protest gefunden haben.
Die Großdemonstration am Samstag hielt ihr versprechen als gemeinsamer Abschluß der #NoG20-Protestwoche ein. Auch die Verbote im Vorhinein, die unglaubliche Hitze und Probleme mit dem Fahrwerk unseres Jugend-Lautsprecherwagens konnten uns nicht mehr aufhalten die größte Demonstration seit vielen Jahren in Hamburg zu werden. 3.000 im Jugendblock und 76.000 Menschen auf der gesamten Demonstration waren ein mehr als beeindruckender Rahmen. Für uns war die #NoG20-Protestwoche ein Erfolg, an den es jetzt gilt anzuschließen. Wir haben allen (auch uns selbst) gezeigt, dass eine andere Welt möglich ist! Der Hafengeburtstag war dagegen nix.

Polizei(-gewalt)

Darauf wollen wir eigentlich gar nicht so lange eingehen. Schon Monate vor dem G20-Gipfel nutzte die Polizei jede Möglichkeit unseren Protesten alles nicht niet- und nagelfeste in den Weg zu legen. Sie versuchten uns zu delegitimieren und klein zu machen. Und auch wenn dies bei G20 in besonderer Härte rübergekommen ist, sind sogar wir als Jugend an so etwas leider schon gewöhnt. Jede*r von uns, der/die* schon einmal versucht hat, sich einen Freiraum in der Stadt zu nehmen, oder sich schon einmal einem Naziaufmarsch in den Weg gestellt hat weiß, dass die Polizei nicht unser Freund ist. Nichts desto trotz sind viele, wenn nicht sogar alle von uns persönlich durch Repression direkt oder indirekt betroffen. Wir träumen Nachts von Hausdurchsuchungen, Polzist*innen die auf uns einschlagen und anderen Situationen, die wir erlebt haben. Wir finden es falsch diese Sachen zu verschweigen und in uns hineinzufressen. Wir müssen darüber reden und einen gemeinsamen Umgang damit finden. Wir müssen einen Raum schaffen in dem wir uns über unser Erfahrenes austauschen können. Wir müssen den Menschen helfen, die Support brauchen! “If the kids are united – Then we`ll never be divided!”

Es gibt noch viel zu Tun

Der Protest gegen den G20-Gipfel war für uns nicht nur irgendein Protest. Für uns als Jugend war es eine Gelegenheit. Wir organisierten uns, lernten uns gegenseitig kennen & schätzen. Teilten Erfolge sowie Niederlagen. Daran werden wir anschließen. Wir werden weiter vernetzt bleiben. Wir werden uns weiter gegen Scheisse in unserer Welt einsetzen und wir werden weiter für eine Welt kämpfen, in der es sich zu leben lohnt. Jenseits von Kapitalismus. Lasst uns gemeinsam in unseren Alltag gehen und dort ansetzen, wo wir etwas verändern können. Sei es der Stadtteil, unser Schule unser AJZ oder der Betrieb. Lasst uns in Kontakt bleiben und unsere Kämpfe verbinden. Wir sind noch nicht am Ende angekommen. Wir organisieren uns weiter. Wir kämpfen weiter. Wir werden immer mehr!
Zum Abschluß wollen wir uns bedanken. Bedanken bei alle denen, die uns supported haben. Auch ihr seid Jugend gegen G20
Der Jugend gegen G20 Orgakreis